Ich sitze gerade im Zuhörkiosk „Das Ohr“ in der U-Bahn Station Emilienstraße in Hamburg. Am Flughafen in Wien sind wir uns zum ersten Mal begegnet. Ich kam von einem Workshop für Menschen mit Liebeskummer. Ohja, ich hatte großen Liebeskummer zu der Zeit. Es war ein magisches Wochenende in einer zauberhaften Stadt mit wundervollen Begegnungen. Anja eine Zufallsbegegnung beim Pizza essen hat mich noch bis zum Flughafen begleitet um noch Zeit mit mir zu verbringen. Eine Zeitschrift für die Rückfahrt musste ich unbedingt noch kaufen. Mir viel ein Stern Extraheft über Helden in die Hände. Ich schlug es auf und dann sah ich ein Bild von Christoph Busch, dem Gründer des Zuhörkiosk. Der Artikel hat mich neugierig gemacht. Christoph musste ich unbedingt kennen lernen. Ich verabredete mich mit ihm für den 23. Dezember 2020 im Zuhörkiosk. Die Idee hat mir gleich gefallen und der Mensch noch dazu. Meinen ersten Tag im Zuhörkiosk habe ich dann gleich am 24.12. verbracht von 13:00 bis 16:00. Mein erster Heiligabend ganz alleine. Ging es anderen Menschen genauso wie mir? Das wollte ich herausfinden.

Die meisten Menschen waren schick angezogen und hatten Tüten voller Geschenke und Essen dabei.

Ich hatte selbstgebackene Kekse von meiner Tochter dabei, die ich an dem Abend verteilte. Mir kamen die Tränen beim Anblick so mancher einsamer Seelen, die mit ihrem Hab und Gut durch die Gegend fuhren. Die Traurigkeit in den Augen sprach Bände. Es hat sich aber niemand zu mir in den Kiosk getraut. Es blieb beim Blickkontakt und einem zarten Lächeln.

Es ist eine sehr interessante Atmosphäre hier in dem Kiosk. Ein bisschen wie an einem Messestand, an dem man auch den offenen Blick schweifen lässt und Interessenten begrüßt und einlädt ein Gespräch zu führen. Die U-Bahnen fahren im 4 Minuten Takt rechts und links an mir vorbei. Die Menschen sitzen in den Bahnen und starren auf Ihr Handy. Auf dem Bahnsteig hört man Stimmen in allen Sprachen. Manchmal stehen Menschen in der Nähe des Kiosk und sie lassen mehrere Bahnen fahren. Was geht in ihnen vor? Haben sie vielleicht doch etwas zu erzählen und trauen sich einfach nicht, oder warten sie einfach nur auf jemanden. Junge, Alte viele Gesichter kenne ich schon von vor 2 Wochen. Diese Menschen scheinen wöchentliche Termine zu haben. Dass ich mich an sie erinnern kann, verblüfft mich immer wieder. Sind es doch eigentlich unwichtige Informationen für mein Gehirn. Anscheinend wohl doch nicht. Ich nehme die Gesichter in mir auf wie ein Schwamm.

Die farbigen Bahnfahrer sind übrigens die freundlichsten. Sie grüßen und erwidern mein Lächeln als wenn es ganz selbstverständlich wäre. Viele andere gucken verschämt weg. Nur wenige können den Blick halten, ich kann es auch nicht immer gleich gut. Manchmal kann ein langer Blick nämlich auch sehr intim sein.

Manchmal ist es auch total still. Ich kann dann sogar mein Herz klopfen hören; faszinierend. Irgendwie sind die 3 Stunden auch Zeit mit mir selbst. Die Gedanken fließen, kein Leistungsdruck einfach nur da sein und Blickkontakt mit anderen Menschen suchen. Gleich kommt meine Ablösung….